Seit die Personenfreizügigkeit auch auf die neuen EU-Staaten ausgeweitet wurde, hat sich in der Schweiz die Debatte über die Folgen der Zuwanderung intensiviert. Mitte September publizierte der Kanton Zürich zwei vom Amt für Wirtschaft und Arbeit in Auftrag gegebene Studien zu den Einflussfaktoren der Zuwanderung im Kanton. Die Ergebnisse diffenrenzien die gängigen Vorstellungen zur Verdrängung auf dem Wohnungs- und Arbeitsmarkt durch die Zuwanderung.
Intensivierung der Zuwanderungs-Debatte
Zunehmend wird die Zuwanderung auf (partei-)politischer Ebene mit diversen gesellschaftlichen Problemen in Verbindung gebracht: Lohndumping, steigender Konkurrenzdruck auf dem Arbeitsmarkt, Zersiedelung, Wohnungsknappheit, das Risiko einer Immobilienblase, soziale Ungleichheit, Pauschalbesteuerung, Integrationsfragen, die Überlastung der Strassen und des öffentlichen Verkehrs etc. Mit Volksinitiativen versuchen einzelne Parteien, die Zuwanderung wieder stärker zu begrenzen. Mehrere parlamentarische Vorstösse fordern vom Bundesrat, die Auswirkungen der Personenfreizügigkeit aufzuzeigen und die Zuwanderung stärker zu steuern. Der Bundesrat hat darauf im Juli 2012 mit einem Bericht zu den allgemeinen Auswirkungen der Personenfreizügigkeit in der Schweiz geantwortet.
Einen ausführlichen Artikel zum Bericht des Bundesrates finden Sie auf law-news.ch:
» Artikel: Personenfreizügigkeitsabkommen (FZA) und Zuwanderung
Folgen der Zuwanderung im Kanton Zürich
Der Kanton ist durch das Wirtschaftszentrum und den Ballungsraum rund um Zürich bei Zuwanderern besonders beliebt. Rund 50’000 Personen wandern pro Jahr in den Kanton Zürich ein. Immer häufiger werden in der Öffentlichkeit die massiv gestiegenen Wohnungspreise vor allem in der Stadt Zürich, die überlasteten Strassen und die überfüllten S-Bahnen in die Agglomerationen der Stadt als Folgen der Zuwanderungie gesehen. Zwei vom Amt für Wirtschaft und Arbeit in Auftrag gegebene Studien sollten konkrete Fakten zu den Auswirkungen der Zuwanderung im Kanton liefern, um so zu einer sachlichen politischen Diskussion beizutragen.
Auswirkungen auf Zuwanderung auf den Wohnungsmarkt
Die Ergebnisse der Studien diffenrenzieren dann auch die gängigen Vorstellungen zur Verdrängung auf dem Wohnungs- und Arbeitsmarkt durch die Zuwanderung: Gemäss den Befunden sind von den stark gestiegenen Wohnungspreisen in erster Linie die Zuwanderer selbst betroffen, und weniger die bestehende Wohnbevölkerung:
«Ein gewisser Verdrängungseffekt kann zwar auf dem Neubauwohnungsmarkt festgestellt werden. Dieser findet aber vor allem an den peripheren Lagen statt und betrifft eher bereits ansässige Personen aus traditionellen Herkunftsländern als Schweizerinnen und Schweizer. Weil die Schweizer Bevölkerung im Durchschnitt länger in einem Objekt wohnt, zahlt sie tiefere Immobilien- und Wohnpreise. Schweizer und traditionelle Zuwanderer wohnen überproportional häufig in Genossenschaftswohnungen, während für die neuen Einwanderungsgruppen der Zugang zum subventionierten Wohnungsbau erschwert ist.
Die neuen Zuwanderungsgruppen treiben die Preise auf dem Wohnungsmarkt zwar in die Höhe, sie sind aber auch diejenigen, welche die gestiegenen Preise zum grössten Teil zahlen müssen. Schweizer profitieren zudem als Eigentümer stärker als die neuen Zuwanderer von steigenden Preisen von Wohneigentum.»
Auswirkungen der Zuwanderung auf dem Arbeitsmarkt
Weiter zeigen die Studien auf, dass die Zuwanderer im Kanton Zürich hauptsächlich qualifizierte Arbeitskräfte zuwandern, die zu einem grossen Teil von den ortsansässigen Unternehmen aufgrund des Fachkräftemangels rekrutiert werden:
«Die Arbeitsmigration von Hochqualifizierten ist der treibende Faktor der Zuwanderung in den Kanton Zürich. 70 Prozent der Zuzügerinnen und Zuzüger kommen wegen einer Erwerbstätigkeit nach Zürich oder als Familiennachzug solcher Zuzüger. Bei dieser Arbeitsmigration nehmen die Zürcher Unternehmen eine aktive Rolle ein: 41 Prozent der erwerbstätigen Zuziehenden suchen gar nicht aktiv nach Arbeit in Zürich, sondern werden aufgrund von Fachkräftemangel von Zürcher Unternehmen angeworben.»
Zusammenfassend kommen die beiden Studien zum Schluss, dass es im Kanton Zürich sowohl auf dem Wohnungsmarkt als auch auf dem Arbeitsmarkt zu «keinen wesentlichen Verdrängungseffekten» der Schweizer Wohnbevölkerung komme.