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Bald Rekrutierung von Lehrlingen aus der EU?

Der Bundesrat möchte gut ausgebildete, arbeitslose Jugendliche aus der EU für eine Berufslehre in der Schweiz gewinnen:

Wie das Nachrichtenmagazin Info 3 von SRF diese Woche berichtet, hat der Bundesrat das Staatssekretariat für Bildung damit beauftragt, ein Projekt gegen den Lehrlingsmangel in der Schweiz zu prüfen: Das SBFI soll abklären, ob qualifizierte arbeitslose Jugendliche aus Europa in die Schweiz geholt werden könnten, um in einem Schweizer Betrieb eine Berufslehre zu absolvieren. Noch ist unklar, ob ein solches Projekt realisierbar wäre; offene Fragen bestehen hinsichtlich der Finanzierung sowie sprachlicher und rechtlicher Hürden.

Die Situation auf dem Lehrstellenmarkt hat sich in den vergangenen Jahren verschärft – Schweizer Unternehmen bieten insgesamt mehr Lehrstellen an, als es Jugendliche gibt, die sich für eine Lehre interessieren. Gründe dafür sind demografische Entwickungen; die Zahl der Schulabgänger sinkt jährlich um ca. 1000 Personen. Die steigende Maturitätsquote trägt ebenfalls dazu bei, dass Unternehmen zunehmend Mühe haben, gut ausgebildete und geeignete Jugendliche für ihre Ausbildungsplätze zu finden.

Besonders prekär ist die Situation bei anspruchsvollen technischen Berufen: 2011 standen in diesem Sektor 20’500 offene Lehrstellen nur 15’000 interessierten Jugendlichen gegenüber. Auch die Baubranche und das Handwerk hat zunehmend Mühe, geeignete Lehrlinge zu finden. Der Bedarf an qualifizierten Fachkräften steigt in der Schweiz aufgrund des Wirtschaftswachstums jedoch stetig an. Über die Berufsbildung werden in der Schweiz ein Grossteil der Fachkräfte für Wirtschaft und Industrie ausgebildet.

Der Zentralpräsident des Dachverbandes Berufsbildung Schweiz, Jörg Teusch, äusserte sich daher gegenüber dem TagesAnzeiger positiv über das Vorhaben des Bundesrates, Jugenlichen aus der EU in der Schweiz eine Berufsausbildung zu ermöglichen: Arbeitslose Jugendliche hätten die Chance, sich zu qualifizierten Fachkräften auszubilden, während sich gleichzeitig die Situation auf dem Schweizer Lehrstellenmarkt beruhigen könnte. Er würde es zudem grundsätzlich begrüssen, wenn sich die Berufsbildung in der Schweiz international öffnen würde.

Für den Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes, Hans-Ulrich Bigler, ist bei dem Vorhaben die Frage zentral, ob Jugendliche aus der EU, die in der Schweiz eine Berufslehre absolvieren würden, nach Lehrabschluss auch in der Schweiz bleiben. Das duale Berufsbildungssystem der Schweiz sei klar auf die Arbeitsmarktfähigkeit ausgerichtet und die Schweizer Volkswirtschaft sei auf qualifizierte Praktiker mit Lehrabschluss angewiesen.

Jörg Teusch meinte im TagesAnzeiger: «Wer in der Schweiz eine Ausbildung macht, hat laut den bestehenden bilateralen Verträgen auch das Recht, hierzubleiben.» Eine Möglichkeit wäre zudem die Auswahl von Firmen mit Niederlassungen in anderen europäischen Ländern: «Die Jugendlichen könnten nach dem erfolgreichen Lehrabschluss in der Schweiz in einer solchen Dépendance in ihrem Herkunftsland arbeiten».

Das duale Berufsbildungssystem der Schweiz

Neben dem universitären Ausbildungsweg über Maturitätsschule / Gymnasium und Universität besteht in der Schweiz das duale Berufsbildungssystem zur praktischen Ausbildung qualifizierter Fachkräfte. In der Schweiz entscheiden sich zwei Drittel der Jugendlichen nach der obligatorischen Volksschule für die Berufsbildung.

Eine Berufslehre dauert in der Regel 3-4 Jahre, das Ausbildungssystem ist dual: In einem Lehrbetrieb, in dem der Lehrling mit einem Lehrvertrag fest angestellt ist, findet die praktische Ausbildung statt. Daneben besucht der Lehrling einen Tag pro Woche die Berufsfachschule, in der Allgemeinbildung und theoretische Berufskunde vermittelt wird. Die Berufslehre kann zeitgleich mit dem Besuch der Berufsmaturitätsschule ergänzt werden. Der Abschluss der Berufsmaturität ermöglicht den Zugang zu einem Fachhochschulstudium. Über ein einjähriges Zusatzprogramm (Passerelle) stehen den Abgängern auch universitäre Studiengänge offen.

Informationen des Bundesamts für Berufsbildung | bbt.admin.ch

Initiative BERUFSBILDUNG PLUS | berufsbildungplus.ch