Räumliche Nähe als Wettbewerbsvorteil, auch für zuziehende ausländische Unternehmen
Cluster entstehen durch eine regionale Ballung von Unternehmen, Organisationen und Hochschulen (Universitäten, ETH und Fachhochschulen) mit ähnlichen Merkmalen (Branche, Werkstoff o.ä.) oder mit sich ergänzenden Ressourcen. Cluster sind wirtschaftliche Netzwerke, die auf Wettbewerbsvorteile abzielen.
Vorteile
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit und abhängig von den jeweiligen Konstellationen sind folgende Vorteile für die Netzwerkteilnehmer in solchen Clustern denkbar:
- Gesteigerte Innovationskraft durch Austausch oder Bündelung von Wissen und Know how unter den im Cluster praktizierenden Unternehmen und Hochschulen
- Verbesserte Arbeitsteilung
- Konzentration von qualifiziertem Personal im Cluster-Sprengel
- Möglichkeit zur Konzentration auf Kernkompetenzen und Auslagerung von Sekundärfunktionen an Zulieferer und spezialisierte Dienstleister
- etc.
Nachteile
Als Nachteile von Clustern gelten die teils allzu hohe Transparenz und Personalabwerbungen untereinander. Cluster können sich bei Abwanderung von Key-Partizipanten ebenso schnell wie sie entstanden wieder zu gewöhnlichen Gewerbe- und Industrie-Regionen verflüchtigen (siehe nachfolgend „Cluster-Bildung und –Pflege“); die nicht unverzichtbar in die Prozesse eingebundenen Unternehmen verlieren so plötzlich und ohne Vorinformation die Cluster-Vorteile.
Cluster-Arten
Landläufig bekannt sind die sog. „Branchen-Cluster“ (Pharma, Biotechnologie, Medizintechnik, Mikrosystemtechnik und Nanotechnologie). In der Praxis sind weitere Cluster-Arten anzutreffen wie „grenzüberschreitende Cluster“ (Dreiländereck Basel-Deutschland-Elsass oder Bodensee-Region/Vorarlberg). Dem „Virtuelle Cluster“ (v.a. im Hochtechnologiebereich) gilt die Zukunft.
Cluster-Politik in der Schweiz
Der Bund und seine Departemente (seco / DPWW, BBT, ARE, BFE) fördern nach Möglichkeiten die Clusterbildung; die Mittel hiezu sind KTI, INTERREG und Fachhochschulpolitik etc.). Ergänzend bestehen verschiedene Cluster-Initiativen der Kantone, auch wenn gewisse Branchengruppieren historisch bedingt schon lange bestehen (vgl. NE, JU, SO, aber auch BS/BL oder ZH).
Branchen-Cluster in der Schweiz
Die bekanntesten Cluster in der Schweiz sind:
Cluster | Region / Ortschaft |
Life Science-Cluster (Pharmaindustrie) | Nordwestschweiz (Novartis AG, F. Hoffmann-La Roche AG (kurz „Roche“), Syngenta, Actelion usw.) |
Uhren-Cluster | Jura-Bogen |
Schmuck-Cluster | Genf |
Bekleidungs-Cluster | Mendrisio |
Textil-Cluster | St. Gallen |
Medizinal-Cluster | Region Espace |
Präzisions-Cluster | Biel BE |
Papier-Cluster | Solothurn |
Maschinen-Cluster | Wil SG |
Logiciels-Cluster | Zürich |
Plastic-Cluster | Rheintal |
Versicherungs-Cluster | Zürich |
Finanz-Cluster | Zürich |
Dienstleistungs-Cluster | Zürich + Genf |
Rohstoffhandels-Cluster | Zug |
Oil-Trade-Cluster | Genf + Zug |
Elektrik-Cluster | Baden AG |
Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT)-Cluster | Zürich |
Der Kanton Zürich weist die grösste Zahl an Clustern auf. Nicht als Cluster wahrgenommen, aber weltweit bekannt ist der Schweizerische Finanzsektor in Zürich. Der konzentrierteste Cluster ist der Banken-Cluster am Paradeplatz in Zürich.
Viele Unternehmen siedeln sich heute zur Erreichung der Netzwerkvorteile bewusst in Clustern an. Dabei wird die Nähe zu Mitbewerbern bewusst gesucht oder zumindest in Kauf genommen. Für Zulieferer und bestimmte Dienstleister ist die Cluster-Präsenz – Nähe – unabdingbar.
Cluster-Bildung und -pflege
Die Cluster-Bildung ist oft abhängig von der Bauland-Verfügbarkeit und von der Steuerbelastung für niederlassungswillige Unternehmen. Wie in der Nordwest-Schweiz zu Recht festgestellt wurde, kann ohne Vorbereitung einer Cluster-Bildung in räumlicher, organisatorischer und steuerlicher Hinsicht nicht auf eine plötzlich eintreffende Nachfrage ansiedlungswilliger Konzerne zeitnah eingegangen werden. Beim Aufbau eines Clusters ist aber auf ein ausgewogenes Verhältnis von in- und ausländisch beherrschten Unternehmen zu achten. Es besteht erfahrungsgemäss das Risiko, dass nach Auslaufen der Fördervorteile ausländische Konzerne die Cluster-Stätte verlassen und „verbrannte Erde“ hinterlassen. Es ist daher Sache der zuständigen Behörden und Wirtschaftsverbände, bei der Entwicklung und Pflege der Cluster-Gebiete auf diese Balance zu achten. Ein aktive Betreuung, ein Attraktiv-Halten des Cluster-Sprengels und tiefe Unternehmenssteuern sind der beste Abwanderungsschutz. Der Einsatz einer netzwerkfähigen, charismatischen Persönlichkeit als „Cluster-Manager“ wäre das Ziel. Was Kantone mit ihren Wirtschaftsförderern und Tourismusregionen mit ihren Tourismusdirektoren längst vormachen, sollten Cluster-Regionen folgen lassen.
Vernetzung unter Clustern
Die Vernetzung unter den Clustern kann die Interaktion, die Ansiedlung ausländischer Unternehmen und das Wachstum noch mehr fördern. Niederlassungswillige ausländische Unternehmen sollten solche Synergie-Effekte nutzen.
Fazit
Die Cluster-Bildung ist eine sehr sinnvolle, aber auch aufwändige Sache. Noch viel anspruchsvoller ist die Nachbetreuung. Gefordert sind alle Beteiligten. Gut funktionierende Cluster sind sichtbare Signale für den Wirtschaftsstandort Schweiz. Sie sollen Neuansiedlungen und prosperierendes Wachstum generieren. Davon profitieren auch die bereits vor Ort tätigen Unternehmen.
Quelle
Weiterführende Informationen / Linktipps
“Cluster“ in der Schweizer Wirtschaft: statistische und politische Betrachtung (news.admin.ch)