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Wohnsitz Schweiz – Umzug in die Schweiz: Relocation von Kindern

Wollen die Eltern vom Ausland in die Schweiz ziehen, können auch Kinder betroffen sein.

In diesem Beitrag sollen – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – bestimmte Implikationen dargestellt werden.

Der nachfolgende Beitrag bezieht sich auf einen einvernehmlichen Umzug der in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebenden Eltern mit ihren Kindern.

Nicht berücksichtigt werden daher die Kindsentführung und strafrechtliche Sanktionen gegen einen Elternteil oder beide Elternteile.

«Relocation» bedeutet eine Ortsveränderung ins Ausland (hier: in die Schweiz), und zwar die Veränderung des Wohnsitzes oder des sog. «gewöhnlichen Aufenthaltes». Bei einer Ortsveränderung über die Grenze hinweg wird auch von einer «Übersiedlung» gesprochen.

«Relocation Service» ist das Dienstleistungsangebot eines Unternehmens, welches eine Person oder Familie, die aus beruflichen oder privaten Gründen ihr Heimatland verlässt und in die Schweiz zieht, bei diesem Vorhaben unterstützt. Die Dienstleistungen betreffen in der Regel

Im Falle des gemeinsamen Aufenthaltsbestimmungsrecht der im gleichen Haushalt lebenden Eltern stellt sich die Frage der «Relocation der Kinder» in fortgeschrittenem Schulalter.

Dies ist auch bei der Wohnsitznahme in der Schweiz so.

Allgemeines

Auch wenn die Eltern ein Anspruch auf Niederlassungsfreiheit haben und die Wegzugsmotive nicht zur Diskussion stehen, sollten sie den geplanten Umzug in die Schweiz frühzeitig mit ihren Kindern besprechen.

Relocation-Modelle

In der Praxis werden für Umzugsentscheide grundsätzlich vier Systeme angewandt: «Familienhaupt-Konzeption», «Kindeswohl-Konzeption», «Interessenausgleich-Konzeption» und «Niederlassungsfreiheit-Konzeption» (vgl. MÖCKLI URS PETER, Die Relocation von Kindern, in: ZSR 136 (2017) II 248 ff.):

  • Familienhaupt-Konzeption
    • Es bestimmt eine Person den Aufenthaltsort aller andern Familienmitglieder oder mindestens der Kinder.
  • Kindeswohl-Konzeption
    • Bei der «Kindeswohl-Konzeption» geht es nicht primär um die Entscheidungsbefugnis, sondern um die Umsetzung der elterlichen Sorgepflicht und des Kindeswohls.
  • Interessenausgleich-Konzeption
    • Hier werden die Interessen aller Beteiligten, d.h. beider Elternteile, der Kinder und allenfalls weiterer Bezugspersonen, berücksichtigt und abgewogen.
  • Niederlassungsfreiheit-Konzeption
    • Bei dieser Konzeption gelten die Elternteile als frei, ihren Wohnort zu wählen und zu verändern, wobei natürlich das Kindeswohl zu berücksichtigen ist.

Solche Konzepte und Entscheidungsweisen lassen sich auch auf Entscheidungsfindungen im Ausland übertragen.

Vorbehalten bleiben natürlich bestimmte Konzeptions-Entscheide oder -Reihenfolgen im Recht des Herkunftslandes.

Rangordnungs-Hinweise zu den Relocation-Modellen

Ergänzend ist auf folgendes hinzuweisen:

  • Vor- und Nachteile
    • Jedes Modell hat Vor- und Nachteile.
  • Kein überwiegend besseres Relocation-Modell
    • Kein Konzept ist besser als die andern.

Alter der Kinder

Die Einbindung der Kinder in den Wegzugs- und Zuzugs-Entscheid hängt stark von deren Alter ab:

  • Schulische Integration der Kinder am neuen Ort?
    • Anderes Schul-System?
    • Andere Voraussetzungen für die Einordnung im Schulsystem?
  • Wechsel zu einer für die Kinder nicht geläufigen Sprache?
    • Ein Sprachwechsel bei eingeschulten Kindern führt immer zu einer gewissen Zäsur, wobei die Adaption mit fortschreitendem Alter einen zunehmend grösseren Aufwand verursacht
  • Berufliche Ziele der Kinder im Teenageralter
    • Der Aufenthaltsortwechsel an einen weit entfernten Ort und / oder in einen anderen Sprachraum dürfte kaum im Interesse der Kinder liegen, ausser sie seien darauf vorbereitet worden.

Sozialverträglicher Übergang vom alten zum neuen Ort

Die Eltern sollten sich vor dem Umzug überlegen, wie sie den Kindern eine «Brücke zum vorherigen Wohnort» beibehalten oder schaffen können:

  • Fortbestand des sozialen Netzes (Erhaltung von (Schul-)Freundschaften usw.)
  • Erhaltung des familiären Umfelds (Einladung der Verwandten an den neuen Wohnort)
  • Vermeidung einer Isolation
  • etc.

Anwendbares Recht

Für den Wegzugsentscheid ist das Recht des Herkunftsstaates massgebend, ev. auch das Haager Kindesschutzübereinkommen (Übereinkommen über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Massnahmen zum Schutz von Kindern vom 19. Oktober 1996, HKsÜ, SR 0.211.231.011); Haager Unterhaltsübereinkommen (Haager Übereinkommen über das auf die Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 2. Oktober 1973, HUÜ, SR 0.211.213.01).

Betreuungs-Ziel

Im Hinblick auf die Lebensplanung am neuen Ort stellen sich im Eltern-Kind-Verhältnis folgende Fragen:

  • Elterliche Sorge (gemeinsam bzw. Aufgabenteilung)
  • Obhut und Betreuung (gemeinsam bzw. Aufgabenteilung, v.a. wenn unklar bleibt, welcher Elternteil am neuen Wohnsitz wieviel arbeitet)
  • Unterhalt.

Stabilitäts- und Kontinuitäts-Ziel

Es sind für den Zuzug Aspekte zu beurteilen wie

  • Stabilität der Kinder
  • Kontinuität der geplanten Lebensverhältnisse
  • konkrete Bedürfnisse der Kinder.

Anwendbares Recht

In der Regel ist das am neuen Aufenthaltsort des Kindes geltende Recht anwendbar, also schweizerisches Recht, insbesondere das Schweizerische Zivilgesetzbuch (ZGB).

Sind die Eltern einmal zugereist, orientiert sich die «Bestimmung des Aufenthaltsorts» nach ZGB 301a (siehe Box unten).

Das Thema «Relocation der Kinder» gibt es seit unvordenklicher Zeit.

Bei der Bestimmung des Wegzugs aus dem Ausland und des Zuzugs in die Schweiz sind die Regeln des Herkunftslandes zu beachten.

Bei einem (späteren) Wegzug aus der Schweiz bedürfte es nach schweizerischer Sicht des elterlichen Konsenses oder eines gerichtlichen bzw. behördlichen Entscheides:

  • Im ZGB ist das Aufenthaltsbestimmungsrecht Teil des Sorgerechts.
  • Dieses steht den Eltern grundsätzlich gemeinsam zu, folglich auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht.
  • Ggf. sind das IPRG und Staatsverträge zu beachten.

Reihenfolge der Entscheidungsrechte in der Schweiz

  • Eltern haben primär die Niederlassungsfreiheit
    • Die in der Sorgerechtsnovelle vom 23.06.2013 verabschiedete Regelung der Niederlassungsfreiheit der Elternteile geht den andern vor.
  • Eltern haben sekundär das Kindeswohl zu beachten
    • Im zweiten Schritt ist das Kindeswohl für die Relocation-Entscheidung massgeblich.

Es ist indessen zu hoffen, dass die Eltern und die Kinder in der schönen Schweiz verbleiben.

Quelle

LawMedia Redaktionsteam